Naturnaher Waldbau

Naturnaher Waldbau oder geplante Aufforstungen?

Dieser Beitrag hat nicht den Anspruch eine Anleitung für passende Vorgehensweisen bei Aufforstungen bzw. Anpflanzung zu sein, vielmehr soll das Thema den Waldbesuchern etwas nähergebracht und zu eigenen Überlegungen anregen. 

Einfach bei der nächsten Tour mit offenen Augen durch die Wälder gehen und sich ein eigenes Bild über diverse Aufforstungen machen. 
Etwas Hintergrundwissen und ein natürliches Urteilsvermögen sind hierzu die beste Basis.

Sicherlich sollte man bei der persönlichen Betrachtungsweise stets bedenken, dass die Revierleiter|innen an entsprechende Rahmenbedingungen gebunden sind. Land und Kommune erwarten lukrative Erlöse und so steht die Quantität des Holzeinschlags über der Qualität eines naturnahen und zukunftsfähigen Waldes.

Menschliche Eingriffe durch Pflanzungen

Nicht immer kann es der Wald selbst regeln bzw. sind die reproduzierten Baumarten an bestimmten Standorten nicht gewollt, dann erfolgt der menschliche Eingriff.

In niederschlagsarmen und heißen Jahren sind diese Eingriffe jedoch nicht immer von Erfolg gekrönt und so wird besonders auf freien Hiebsflächen, das kostspielige Aufforstungsprojekt oftmals zu einem Totalausfall.

Die Neupflanzung von Bäumen gerät immer mehr zu einem unkalkulierbaren Risiko.

Natürliche Verjüngung

Die Natur und die Wälder verfügen über einen Millionen Jahre alten Erfahrungsschatz und sind dadurch in der Lage sich selbst zu verjüngen und den Waldbestand zu reproduzieren.

Die Bäume produzieren Samen und pflanzen sich selber fort. Je nach Baumart sind diese Samen flugfähig bzw. flugunfähig und können sich teilweise über den Standort hinaus fortpflanzen. Bestes Beispiel für flugfähige Samen ist der Ahorn mit seinen propellerartigen Flugsamen oder auch zahlreiche Nadelbäume wie z.B. Fichte.

Zu den bekanntesten flugunfähigen Samen gehört sicherlich die Früchte der Eiche und der Kastanie.

Die Naturverjüngung sorgt kostenlos für die Kinder des Waldes. Diese Keimlinge sind bestens an die regionalen Klimabedingungen angepasst und erhalten von den benachbarten Bäumen einen idealen Schutz vor Hitze und Frost.

Standortangepasste Baumarten haben die besten Überlebenschancen für kommende Hitzeperioden und Stürme.

Wir pflanzen gegen den drohenden KLimawandel

Länder und Kommunen präsentieren sich in den Medien gerne mit umfangreichen Pflanzaktionen und stellen die erwirtschafteten Holzerlöse eher in den Hintergrund. Hat eine Gemeinde beispielsweise 6.000 Festmeter hochwertiges Holz “geerntet” und als Ausgleich etwa 8.000 Jungpflanzen gesetzt, so stellt dies keine ernsthafte Maßnahme zur Bewältigung des Klimawandels dar. 

Bis diese Bäumchen eine effektive Wirkung als CO2 Speicher übernehmen können, vergehen mehrere Jahrzehnte und wenn man bedenkt, dass je nach Baumart pro Hektar etwa 3.000 – 4.500 Jungpflanzen gepflanzt werden und final nur etwa 15 % das Erntealter erreichen, so relativiert sich die Anzahl der gesetzten Bäumchen.

Aufforstungsprojekte sind also nur eine überschaubare Maßnahme gegen den Klimawandel und stellen oftmals lediglich eine Alibi-Aktion zu überzogenen Holzeinschlägen dar.  

Aufforstungen haben ihre Berechtigung doch noch wichtiger ist der Schutz des   b e s t e h e n d e n   Waldes.

  • Holzernte

    Überzogene Holzeinschläge müssen vermieden werden. In Zeiten von Rekordhitze und fehlenden Niederschlägen müssen gesunde Bäume die "Klimaarbeit" übernehmen und nicht als tote Exportware enden.

  • Feuchtigkeitsverlust

    Auf freien Hiebsflächen findet ein sofortiger Feuchtigkeitsverlust statt und die Böden trocknen unweigerlich aus. Schützende Kronendächer müssen erhalten werden, um den Jungpflanzen überhaupt eine Überlebenschance zu ermöglichen

  • Totalausfall

    Totalausfall auf der gesamten Aufforstungsfläche. Zwar haben bis in den Mai hinein ideale Wetterverhältnisse geherrscht, doch die trockenen und heißen Sommermonate haben der jungen Douglasien jegliche Chancen geraubt. Es müssen stets alle Rahmenbedingungen passen, sobald eine wichtige Komponente fehlt, führen die menschlichen Eingriffe zu einem Misserfolg.

  • Nur wenige halten durch

    Von den ursprünglich gesetzten Forstpflanzen werden in der Regel lediglich nur 15 % der Jungpflanzen zu einem erntereifen Baum heranwachsen. Gründe hierfür wären: Krankheiten, Schädlinge, Konkurrenzverhalten, Falsche Pflanzzeit und Pflanzverfahren, Sturmschäden, Frost, Hitze und weitere negative Umwelteinflüsse. Ergänzend kommen noch Schäden durch massiven Maschineneinsatz, fehlende Nachpflanzungen, Schäden bei der Jungbestandspflege und Durchforstung hinzu.

  • Die Fichte hat kein Zukunft

    Diesen Satz hört man von allen forstwirtschaftlichen Seiten, umso verwunderlicher ist der Umstand, dass auf vielen Aufforstungsflächen immer noch eifrig Fichten gepflanzt und zeitgleich gesunde Buchen und Eichen gefällt werden. Die Tendenz sollte doch Richtung artenreicher Mischwald gehen. Es wird zwar viel diskutiert doch am Ende setzen einige immer noch auf die schnellwachsende Ware.

  • Was eine Buche leistet

    Eine gesunde und über 100 Jahre alte Buche produziert pro Tag die Sauerstoffmenge von etwa 10.000 Liter. Neben der CO2 Bindung und Filterfunktion sorgt die Buche auch für ein ideales Mikroklima. Je nach Holzqualität beträgt der schnöde Holzwert einer Buche etwa 500 EUR, dagegen steht jedoch auch der volkswirtschaftliche Wert im Lebenszyklus einer Buche. Dieser beinhaltet neben der Sauerstoffproduktion, Lebensraum für Flora und Fauna, Schattenspender, Wasserspeicher, Früchtelieferant, Symbiose mit anderen Lebewesen, Erholungswert, etc., etc. Dieser volkswirtschaftliche Wert beträgt ein Vielfaches des eigentlichen Holzwertes und kann bei einer gesunden und wertvollen Buche fast 200.000 EUR erreichen. Doch auch die heimische Buche leidet unter der Trockenheit. Auf der gesamt Schwäbischen Alb sind die gleichen Krankheitssymptome zu erkennen: Lichte und kahle Kronen, Pilzbefall (Zunderschwamm) und teilweise Schleimfluss.

In vielen Regionen ist es mit dem Schutz des bestehenden Waldes nicht getan, da entsprechende Baumarten, Bodenverhältnisse und Standorte nicht aufeinander abgestimmt waren.
Wurde auf sandigen Böden lediglich Monokulturen an Fichten und Kiefern gepflanzt, so bleibt nur der Weg über neue Aufforstungen mit zukunftsfähigen Baumarten.

Der Mensch hat Fichten, Kiefern usw. in Regionen gebracht, in denen die Standorte nicht annähernd für diese Baumarten geeignet sind. Doch dafür sollte man auf Verständnis aufbringen, da nach den Weltkriegen, schnellwachsende Baumarten von wirtschaftlichem Interesse waren und die Klimaverhältnisse auch nicht die heutigen waren. 

Naturnaher Waldbau

Nicht immer kann es der Wald selbst regeln, in gewissem Umfang muss der Mensch miteingreifen, um einen Erfolg zu ermöglichen. Auf freien Flächen, wie z.B. dieser nordseitige Wiesenhang, sind der natürlichen Waldreproduktion Grenzen gesetzt.

In diesem Fall wurde die Pflanzung mit einem Holzgatter vor Wildverbiss geschützt. Neben Ahorn, Elsbeere, Eiche, Lärche und Buche, wurden weitere zukunftsfähige Baumarten gepflanzt, um einen gesunden und widerstandfähigen Mischwald zu ermöglichen.

Gezielte und sinnvolle Anpflanzung von Eichen in einer bestehenden Fichten-Monokultur. Der Vorteil hierbei ist der existierende Schattenbereich und der feuchtigkeitsspeichernde Moosboden. 

Die Jungpflanzen können somit auch längere Hitzeperioden überstehen und bis die Fichten schließlich das Erntealter erreicht haben, hat sich an diesem Standort bereits ein junges Eichenwäldchen entwickelt.

Die luftdurchlässigen Netzhüllen bieten einen wichtigen Schutz gegen Wildverbiss. Im Vergleich zu den Kunststoffwuchshüllen hat die Pflanze ein angenehmeres Mikroklima sowie Licht- und Platzangebot. 

Faktoren

Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Pflanzung

  • Standortwahl

    Die Sommer werden trockener und heißer, die Winter werden milder und die Sturmereignisse werden häufiger und die Böen extremer, auf all diese Klimaveränderungen gilt es zu reagieren und passende Baumarten bei Neupflanzungen auswählen. Tellerwurzler wie z.B. die Fichten. werden an ungeeigneten Standorten regelmäßig zu Sturmopfern. Die besser wurzelnde Douglasie verträgt keine Flächen mit Wasserstau und ist in Hanglagen erfolgreicher. Selbst die dominierende Buche wird in Zukunft nur noch an feuchtigkeitsreichen und kühleren Standorte, akzeptable Wachstumsbedingungen finden. Für alle Baumarten gilt: Starke Sonneneinstrahlung vermeiden, schattige Standorte bevorzugen und Freiflächen vermeiden.

  • Pflanzzeitpunkt

    War bisher der Pflanzzeitpunkt lediglich abhängig von der Baumart und jeweiligen Ansprüchen der Jungpflanzen, so kommt nun die Klimakomponente entscheidend dazu. März, April und Mai waren bisher stets Garanten für regelmäßige Niederschläge, doch kommt es nun verstärkt vor, dass über einen oder mehrere Frühjahrsmonate keinen nennenswerten Niederschlag gibt. Da wird so manche Anpflanzung zu einem wahren Roulette Spiel. Gerade auf exponierten Freiflächen kann es verstärkt zu einem Totalausfall kommen. Für eine erfolgreiche Anpflanzung sind Schlechtwetterphasen deutlich günstiger als eine stabile Hochdruckwetterlage.

  • Pflanzgut-Qualität

    Gab es früher pro Forstrevier noch mehrere regionale Pflanzschulen, doch spätestens nach den Forstreformen, konnte dieser arbeitsintensive Aufwand nicht mehr geleistet werden. Regionales und damit an das Klima und Böden angepasstes Pflanzmaterial ist leider nicht mehr verfügbar und so ist es umso wichtiger, passendes und gesundes Pflanzmaterial zu bekommen. Mit einer Zertifizierung allein ist es nicht getan, die Pflanzen müssen frisch, gesund und virenfrei sein. Beim Transport und bei der Pflanzung dürfen keine Schäden entstehen und das Wurzelsystem muss einwandfrei sein. Bei größeren Aufforstungsaktionen kann es vorkommen, dass die Jungpflanzen in gutem Zustand geliefert wurden, das Material aber zu lange am sonnigen Waldrand gelagert wurde und das empfindliche Pflanzgut bereits vor der Pflanzung Schaden nimmt.

  • Pflanzverfahren

    Liegt das angeforderte Pflanzmaterial vor, erfolgt ein weiterer wichtiger Schritt - das passende Pflanzverfahren anwenden. Hierbei müssen geeignete Pflanzgeräte eingesetzt werden um ein erfolgreiches Anwachsen der Jungpflanzen zu garantieren. Wurzelverletzungen und Deformationen müssen unbedingt vermieden und die Pflanzstelle gut verschlossen werden. Im Wurzelbereich dürfen keine Hohlräume entstehen.

  • Pflanzhilfen

    Hier scheiden sich oftmals die Geister und es entstehen sehr kontroverse Diskussion über geignete und sinnvolle Pflanzhilfen. Führte bis vor einigen Jahren kein Weg an den preisgünstigen und weniger arbeitsintensiven Wuchshüllen vorbei, so greift man nun wieder auf altbewährte und ökologische Pflanzhilfen zurück. In der Praxis haben die wenigsten Kunststoff-Wuchshüllen den Wald wieder verlassen und stellen auch für die kommenden Jahre noch ein deutliches Umweltproblem dar. Die Hersteller versprechen, je nach Wuchshüllenmodell, eine gute Kompostiermöglichkeit, doch diese ist nur unter Laborbedingungen realisiertbar.